Die größten Herausforderungen bei der Elektrifizierung schwerer Nutzfahrzeuge (NFZ) im Wirtschaftsverkehr bestehen – im Vergleich zum Verbrennungsmotor – in der eingeschränkten Reichweite, in den langen Ladezeiten und in deutlich höheren Kosten bei Fahrzeugen und in der Ladeinfrastruktur.
Doch das Projekt „RouteCharge“ hat bereits sämtliche Hürden, die ein Batteriewechselsystem mit sich bringt, hinter sich gelassen. Zunächst musste ein Elektro-LKW konzipiert und gebaut werden, der sowohl ein AC-, ein DC- als auch ein Laden mit Wechselbatterien ermöglicht. Die Thüringer LKW-Werkstatt Framo hat diesen LKW mit allen Spezifikationen als Prototyp gebaut – und den 19-Tonner samt Anhänger bei der DEKRA zugelassen. Die zweiteilige Batterie wiegt insgesamt 4000 Kilo, die Reichweite beträgt mehr als 200 Kilometer.
Akkuwechselsystem mit Virtuellem Kraftwerk
Ebenfalls startbereit sind die drei Batteriewechselstationen an der Route von Peine über Burg nach Berlin, in denen die Batterien schonend aufgeladen werden und – mittels Dispositionssoftware – jeweils rechtzeitig zum Wechsel vollgeladen sind. Die beiden je 2000 Kilo schweren Batterien werden mit einem Gabelstapler in weniger als 15 Minuten vom Laderegal zum LKW befördert und sicher an den LKW-Flanken angebracht. Die Batteriewechselstationen sind zudem in ein Virtuelles Kraftwerk integriert und dienen damit als Energiespeichersystem – können also Strom bereitstellen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Betreiber dieses Virtuellen Kraftwerks ist der Energieversorger WEMAG AG in Schwerin.
Erreicht der Elektro-LKW im Verteilzentrum des Berliner Westhafens sein Ziel, so werden von dort die Kunden beliefert. Der Mittelstrecken-Elektro-LKW erhält dort frische Batterien und geht sogleich wieder auf die Rückfahrt. Insgesamt sind auf der Strecke Peine – Berlin – Peine drei Batteriewechsel nötig. Zugleich ist so ein 24/7-Betrieb gewährleistet, der für das Speditionsgeschäft dringend erforderlich ist. „RouteCharge“ ist mit diesem Funktionsumfang bei Elektro-LKW auf mittleren Strecken europaweit führend.
Das Osnabrücker Familienunternehmen Meyer & Meyer ist führender Spezialist für Modelogistik in Europa und Nordafrika. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden von der Rohwaren- und Produktionslogistik über die Lagerung, Aufbereitung und Qualitätssicherung bis zur verkaufsfertigen Distribution der Waren in den Einzelhandel oder an den Endkunden. Meyer & Meyer steuert und verknüpft Wertschöpfungsketten mit modernen IT-Technologien. Im In- und Ausland hat Meyer & Meyer 1.800 Beschäftigte.
Zum Konsortium von RouteCharge gehören neben dem Fashionlogistiker Meyer & Meyer außerdem das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik, die TU Berlin mit dem Fachbereich Logistik, das DAI-Labor Berlin und der Energieversorger WEMAG aus Schwerin. Konsortialführer ist das Meyer & Meyer-Unternehmen MC Management GmbH.
Neue Logistik-Lösungen für die Zukunft
„Mit unserem innovativen Tauschsystem überwinden wir eine der großen Schwächen herkömmlicher E-LKW: Mit dem Akkuwechsel sind Touren von bis zu 500 km möglich. Meyer & Meyer kann so erstmals mit einem elektrisch betriebenen Fahrzeug mittlere Distanzen in der Filialbelieferung realisieren – und zwar im 24/7-Betrieb rund um die Uhr“, sagt Bijan Abdolrahimi von MC Management.
Für die Zukunft der Elektro-LKW mit Wechselbatteriesystemen wären Leasingmodelle vorstellbar, um hohe Anfangsinvestitionskosten zu vermeiden. Im Hinblick auf die Lebensdauer und die Reichweite von fest eingebauten Batterien spricht ebenfalls Einiges für ein Wechselbatteriesystem. Der Betreiber einer Wechselbatteriestation könnte den Transportdienstleistern beispielsweise die Batterien variabel zu Kilometersätzen zur Verfügung stellen und während der Ladezeiten für weitere Zwecke – wie etwa Regelenergie – vermarkten.
Mehr zu Route Charge finden Sie im Dokument "Hintergründe, Daten & Fakten".
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Über das Technologieprogramm "IKT für Elektromobilität"
Im Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität: Einbindung von gewerblichen Elektrofahrzeugen in Logistik-, Energie und Mobilitätsinfrastrukturen“ fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) von 2016 - 2022 derzeit 21 Pilotprojekte mit ganzheitlichen Lösungskonzepten und beispielhaften Systemlösungen, die Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle integrativ berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten stehen auf Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) basierende Innovationen bei Fahrzeugtechnik, wirtschaftlichen Flotten- und Logistikkonzepten, Lade-, Kommunikations- und Plattformtechnologien sowie die Einbindung von Elektrofahrzeugen in intelligente Energie- und Verkehrsnetze.
Weiterführende Links:
https://www.routecharge.de/